In Deutschland regelt das Handelsgesetzbuch (HGB), nach welchen Vorschriften die Unternehmen ihr Jahresergebnis ermitteln müssen. Durch die Bilanzierungspflicht sind daran fast alle Wirtschaftsbetriebe und Gesellschaften gebunden, nur als kleiner Gewerbetreibender kannst du von Ausnahmen profitieren. Bestandteil des Jahresabschlusses ist neben der Bilanz auch eine Gewinn- und Verlustrechnung (GuV). Das HGB erlaubt zwei Verfahren zur Ermittlung des Ergebnisses: das Gesamtkostenverfahren und das Umsatzkostenverfahren.
Die Definition des Umsatzkostenverfahrens
Das Umsatzkostenverfahren ist eine Methode der Ergebnisermittlung, die das deutsche Handelsgesetzbuch den bilanzierenden Unternehmen erlaubt. Berücksichtigt werden dabei alle erzielten Umsätze sowie die dafür notwendigen Aufwendungen. Jeden weiteren Aufwand, etwa weil er für die Herstellung von unfertigen oder auch bereits fertigen Erzeugnissen nötig wurde, musst du herausrechnen. Daher wird diese Methode auch als Nettoverfahren bezeichnet.
Die Kurzdarstellung des Umsatzkostenverfahrens:
Umsatzerlöse
./. Erlösschmälerungen (gewährte Rabatte, Boni, Skonti)
= Nettoerlös
./. Selbstkosten der verkauften Erzeugnisse (also des Umsatzes)
(Summe aus Herstellkosten, Kosten für Vertrieb und Verwaltung)
= Betriebsergebnis
Es erfolgt so eine genaue Zuordnung der Selbstkosten (Material- und Personalkosten sowie die entsprechenden Gemeinkosten) zu den dadurch erzielten Umsatzerlösen.
Ein Beispiel für das Umsatzkostenverfahren
Das Rechnungswesen sowie die Kosten- und Leistungsrechnung eines Unternehmens, das Drehmaschinen herstellt und vertreibt, ermittelt für den Jahresabschluss diese Zahlen:
Verkaufte Drehmaschinen: 100 Stück
Verkaufspreis je Stück: 75.000 €
Gewährte Rabatte und Skonti: 30.000 €
Selbstkosten je Stück: 68.000 €
Das Ergebnis wird mit Hilfe des Umsatzkostenverfahrens errechnet:
Umsatzerlöse: 7.500.000 €
– Erlösschmälerungen: 30.000 €
= Nettoerlös: 7.470.000 €
– Selbstkosten des Umsatzes (Herstellkosten, Vertriebskosten, Verwaltungskosten): 6.800.000 €
= Jahresgewinn: 670.000 €
Die Gliederung der GuV nach dem Umsatzkostenverfahren
Die rechtliche Grundlage für die Ergebnisermittlung mit dem Umsatzkostenverfahren findest du in Paragraph 275 des HGB. Die Gliederung der GuV im Jahresabschluss ist hier vorgeschrieben.
Das Schema für das Umsatzkostenverfahren zeigt, welche Positionen aufzuführen sind:
1 | Umsatzerlöse |
2 | ./. Herstellungskosten der zur Erzielung des Umsatzes erbrachten Leistungen |
3 | = Bruttoergebnis vom Umsatz |
4 | ./. Kosten des Vertriebs |
5 | ./. Kosten der allgemeinen Verwaltung |
6 | + sonstige betriebliche Erträge |
7 | ./. sonstige betriebliche Aufwendungen |
8 | + Erträge aus Beteiligungen |
9 | + Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens |
10 | + sonstige Zinsen und ähnliche Erträge |
11 | ./. Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens |
12 | ./. Zinsen und ähnliche Aufwendungen |
13 | ./. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag |
14 | = Ergebnis nach Steuern |
15 | ./. sonstige Steuern |
16 | = Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag (Gewinn oder Verlust) |
Der Unterschied zwischen Gesamtkostenverfahren und Umsatzkostenverfahren
Das Gesamtkostenverfahren ist auch als Bruttoverfahren bei der Gewinnermittlung bekannt. Im Unterschied zum Umsatzkostenverfahren werden hier alle Aufwendungen berücksichtigt, die im Laufe des Geschäftsjahres anfallen. Die Erlösseite wird dann um den Wert des Bestandes an unfertigen und fertigen Leistungen und um eventuell aktivierte Eigenleistungen korrigiert, wie das vereinfachte Schema zeigt:
Umsatzerlöse
./. Bestandsveränderungen fertiger und unfertiger Erzeugnisse
./. Aktivierte Eigenleistungen
./. Gesamtkosten
= Ergebnis der Wirtschaftsperiode
Beide Verfahren führen zu einem identischen Ergebnis.
Unser oben angeführtes Beispiel ergänzen wir:
Der Hersteller für Drehmaschinen hat in seiner Inventur ermittelt, dass bereits fünf weitere Drehmaschinen komplett fertiggestellt worden sind. Drei weitere befinden sich in der Fertigung.
Der Bestand an fertigen Erzeugnissen wird mit den Selbstkosten bewertet. Für die angearbeiteten Drehmaschinen sind jeweils 50.000 € Kosten bereits angefallen. Zum letzten Bilanzstichtag befand sich nur eine fertige Drehmaschine im Lager, 5 Maschinen waren noch unfertig, bewertet ebenfalls mit 50.000 € je Maschine.
Bestandsveränderungen: Bestandserhöhung fertiger Erzeugnisse: 4 x 65.000 € = 260.000 €
Bestandsminderung unfertiger Erzeugnisse: 2 x 50.000 € = 100.000 €
Die Gesamtkosten beliefen sich auf 6.960.000 €.
Umsatzkostenverfahren | Betrag in € | Gesamtkostenverfahren | Betrag in € | |
---|---|---|---|---|
Erlöse | Umsatzerlöse
./. Erlösschmälerungen |
7.500.000
-30.000 |
Umsatzerlöse
./. Erlösschmälerungen + Bestandserhöhung fertiger und unfertiger Erzeugnisse ./. Bestandsminderung fertiger und unfertiger Erzeugnisse |
7.500.000
-30.000 +260.000 -100.000 |
./. Kosten | Selbstkosten für die Leistungen des erzielten Umsatzes (Herstellkosten, Kosten des Vertriebs, Verwaltungskosten) | 6.800.000 | Gesamtkosten | 6.960.000 |
= Jahresergebnis | = Jahresergebnis | 670.000 | = Jahresergebnis | 670.000 |
Die Buchungen im Umsatzkostenverfahren
Für die Gewinn- und Verlustrechnung am Jahresende müssen die Herstellkosten für die verkauften Produkte verbucht werden. Doch unterjährig erfasst du solche Aufwendungen in der Finanzbuchhaltung nicht. Bei der Anwendung des Umsatzkostenverfahrens musst du also weitere Buchungssätze ergänzen. Die zu verbuchenden Beträge werden durch die betriebliche Kosten- und Leistungsrechnung zur Verfügung gestellt. Sowohl der Sachkontenrahmen SKR 03 als auch der SKR 04 enthalten dafür Sachkonten:
Kontenbezeichnung | SKR 03 | SKR 04 |
Herstellungskosten | 4996 | 6990 |
Vertriebskosten | 4998 | 6994 |
Verwaltungskosten | 4997 | 6992 |
Gegenkonto | 4999 | 6999 |
Die Kosten- und Leistungsrechner aus dem obigen Beispiel schlüsseln die Selbstkosten je Drehmaschine so auf:
Herstellkosten: 50.000 €
Kosten des Vertriebs: 5.000 €
Kosten der Verwaltung: 13.000 €
Selbstkosten: 68.000 €
Daraus ergeben sich diese Buchungssätze im SKR 04 für die GuV:
6990 Herstellungskosten 50.000 €
6949 Vertriebskosten 5.000 €
6992 Verwaltungskosten 13.000 €
an
6999 Gegenkonto 6990/6949/6992 68.000 €
Vor- und Nachteile des Umsatzkostenverfahrens
Die Ermittlung der Selbstkosten der hergestellten Produkte im Umsatzkostenverfahren gestaltet sich in der Praxis oft schwierig, denn in diese Kosten fließen auch die Gemeinkosten ein. Solange das Unternehmen die gesamte Produktion einer Wirtschaftsperiode absetzen kann, werden auch alle Gemeinkosten von den Umsatzerlösen gedeckt. Kosten- und Leistungsrechner können dann das Umsatzkostenverfahren auf Vollkostenbasis anwenden. Führt der Betrieb jedoch fertige und unfertige Erzeugnisse in seiner Inventur auf und verändern sich diese Bestände im Vergleich zur Vorperiode, so werden die Fixkosten zum Problem. Das Ergebnis wird dann mit dem Umsatzkostenverfahren auf Teilkostenbasis ermittelt. Das bedeutet, dass von den Umsatzerlösen zunächst nur die variablen Kosten abgezogen werden. Ergebnis ist der Deckungsbeitrag der Periode, von dem dann die Fixkosten des Jahres abgezogen werden. So können unterschiedlich hohe fixe Kosten besser verrechnet werden. Beide Berechnungen können zu unterschiedlichen Beträgen beim Betriebsergebnis führen.
Traditionell wenden vor allem große und auch international agierende Unternehmen das Umsatzkostenverfahren an. Während im Gesamtkostenverfahren viele Informationen aus dem Rechnungswesen übernommen werden können, ist für die Gewinnermittlung mit dem Umsatzkostenverfahren eine ausführliche Kosten- und Leistungsrechnung notwendig. Heute hilft hier beispielsweise moderne Controlling-Software, dennoch bleibt dieses Verfahren aufwendiger.
Das Umsatzkostenverfahren wird jedoch dem Anspruch internationaler Märkte gerechter, da es weltweit angewendet wird und im US-GAAP sogar vorgeschrieben ist. Die Methode kann den betrieblichen Erfolg des Unternehmens besonders deutlich darstellen, da dem erzielten Umsatz aus dem Hauptzweck des Betriebes genau der erforderliche Aufwand gegenübergestellt wird. Sie eignet sich auch für die Darstellung der Wirtschaftlichkeit einzelner Produkte und Produktgruppen des Sortiments oder für Vertriebsregionen.